Menu

Ohne die freie Szene geht nichts! 3 Düsseldorfer Off-Spaces im Gespräch

In dieser Sonderausgabe spricht The Gen Z Art Critic für uns mit den Gründer*innen und Leiter*innen von drei besonderen Kunst-Off-Spaces in Düsseldorf: Heinke Haberland, Gabi Luigs und Michael Krey von the pool, Maren Knapp von NEXUS und Carolin Israel von AURA. Diese unabhängigen Kunstorte spielen eine entscheidende Rolle im kulturellen Ökosystem der Stadt und bieten Plattformen für experimentelle Kunst und aufstrebende Künstler*innen außerhalb des kommerziellen Galeriesystems.

Wie würdet ihr euren Off-Space in einem Satz zusammenfassen?

the pool: ein Ort, der Künstler*innen und Besucher*innen mit seiner einzigartigen unterirdischen Präsenz fasziniert.

NEXUS Nails projectroom: Die verkleinerte Version des Nails projectroom, die aber weiterhin Kunst der Studierenden und Absolvent:innen der Kunstakademie Düsseldorf zeigt – 24/7 durch das Schaufenster einsehbar.

AURA: Der Kunstraum mit der hellerleuchteten Schaufensterfront auf der Birkenstraße in Düsseldorf: von und für Künstler*innen geführt, strahlt er weit über die Stadt hinaus.

Courtesy the pool. Von links nach rechts: Michael Krey, Heinke Haberland und Gabi Luigs.

Welche Lücke füllt euer Off-Space in der Düsseldorfer Kulturlandschaft?

the pool: Wir schaffen einen Treffpunkt, an dem Künstler*innen und Musiker*innen zusammenkommen und gemeinsam etwas Neues in den Raum bringen können.

NEXUS Nails projectroom: Wir sind ein Off-Space, der so gar nicht im Off ist, sondern mitten im Herzen des Galerien-Viertels Flingern. Neben den anderen Off-Spaces, die sich auf und um die Birkenstraße befinden, gibt es auch noch die Film-Werkstatt und die Sammlung Philara – das mischt die verschiedenen Besucher*innengruppen und schafft Synergien.
Wir zeigen junge Künstler*innen, die oft noch keine oder nur geringe Ausstellungserfahrung haben. Oft ist die Ausstellung bei NEXUS Nails projectroom die erste Ausstellung, die sie außerhalb der Akademie aufziehen. Das ist ein wichtiger Schritt, um sich auszuprobieren und sich auch ohne den geschützten Rahmen der Akademie zu präsentieren.
Außerdem haben wir keinen festen Stamm von Künstler*innen, die wir ausstellen und mit denen wir arbeiten. Das macht das Ausstellungsprogramm vielseitiger.

AURA: Wir haben das Glück, unabhängig von kommerziellen und von politischen Vorgaben zu sein. Deshalb können wir uns voll und ganz auf die Kunst und die Kombination künstlerischer Positionen konzentrieren, Experimente wagen und Ausstellungen realisieren, die anderswo so nicht zustande gekommen wären. Wir vernetzen junge und etablierte Künstler*innen und geben ihnen die Möglichkeit, ihre künstlerische Vision zu entfalten und zu präsentieren. Damit schließen wir genau die Lücke in der Düsseldorfer Kulturlandschaft zwischen Off-Spaces und etablierten Ausstellungshäusern.

Maren Knapp Voith, Foto: Bine Bellmann

Worauf achtet ihr in der Auswahl eurer künstlerischen Positionen?

the pool: Neue, aufregende, experimentelle, schöne und besondere Kunst und Musik zu präsentieren und auch miteinander zu verflechten.

NEXUS Nails projectroom: Ich kann, im Gegensatz zu einer Galerie, die Arbeiten und Künstler*innen frei von kommerziellen Interessen aussuchen, da wir non-profit arbeiten. Dadurch zeige ich auch gerne Performances oder installative Arbeiten, die sehr spannend sind, aber oft keinen Platz in den kommerziellen Räumen finden, weil sie schwerer zu verkaufen sind. Die Ausstellungen sollten neue, spannende und diskursübergreifende Positionen zeigen und zeitgenössische diverse Themen in der Öffentlichkeit präsentieren.

AURA: Wir interessieren uns für spannende künstlerische Auseinandersetzungen und legen dabei primär Wert auf künstlerische Qualität. Gleichzeitig schauen wir nach thematischen Parallelen zwischen den Positionen, um Künstler*innen zusammenzubringen, die sich vielleicht noch nicht kennen, aber inhaltlich etwas verbindet. Dabei entsteht ein diverses Programm. So entwickeln sich ungewöhnliche Blickwinkel und Perspektivenwechsel auch auf die Diskurse innerhalb der Kunst.

Ausstellungsansicht Jukai-Ryokō [dt. Reisendes Meer aus Bäumen] Tomas Kleiner/Marco Biermann, NEXUS Nails Projectroom ©Kai Werner Schmidt

Ein Projekt, auf das ihr besonders stolz seid?

the pool: the pool selbst! Ein Ort für aktuelle Kunst, der nur aus unserem privaten Engagement entstanden ist und von uns privat getragen wird.

NEXUS Nails projectroom: Die Ausstellung „Beuys and Girls“ in Zusammenarbeit mit Curated Affairs ist mir besonders im Kopf geblieben, mit den Künstler*innen Johanna Reich, Magdalena Kita und Marleen Rothaus – weil sie zum 100. Geburtstag von Joseph Beuys die Sichtbarkeit von Frauen in der Kunst thematisiert hat, ohne den Namen Beuys in der Ausstellung einmal zu erwähnen. Aber auch die Ausstellung mit Cristiana Cott-Negoescu, die in ihrer performativen Installation „Disgusted but still hungry” die Themen Überfischung, Mikroplastik und unseren Umgang mit Lebensmitteln aufgegriffen hat – das war sehr eindrucksvoll. Sehr aufsehenerregend war auch die Ausstellung von Tomas Kleiner und Marco Biermann – die fahrenden Bäume im Raum sind mir in den vier Wochen der Ausstellung richtig an Herz gewachsen, fast wie Haustiere.

AURA: Es gibt viele Projekte, auf die wir stolz zurückschauen – vor allem, weil sich der Raum mit jeder Ausstellung neu verwandelt.
Besonders am Herzen liegt mir jedoch unsere Ausstellung „Deutsche Vase“ mit dem Chemnitzer Künstler Osmar Osten, die letztes Jahr am Tag der Deutschen Einheit eröffnete. Chemnitz ist meine Heimatstadt und dieses Jahr Kulturhauptstadt. Durch unsere Arbeit konnten wir eine Verbindung zwischen Chemnitz und Düsseldorf schaffen. Dies wollen wir fortsetzen: Im November planen wir eine Kooperation mit der Galerie Hinten des Klub Solitaer e.V., um im Kulturhauptstadtjahr mehr sächsische Künstlerinnen in Düsseldorf zu präsentieren.

Außenansicht the pool, courtesy the pool

Was brauchen Off-Spaces jetzt besonders von der Düsseldorfer Kulturpolitik?

the pool: Langfristige Förderung und Vernetzung.

NEXUS Nails projectroom: Eine längerfristige finanzielle Absicherung der Off-Spaces wäre meiner Meinung nach grundsätzlich sinnvoll. Ohne eine feste Finanzierung ist es unheimlich schwer zu planen und Ausstellungen zu organisieren. Man hangelt sich da immer von Finanzierung zu Finanzierung, ohne zu wissen, ob man das Geld für die Miete, geschweige denn für Material etc. bekommt. Das macht es sehr unsicher, da man die Mieten ja oft für das ganze Jahr bezahlen muss für so einen Raum. Da kann man schnell in die Schuldenfalle geraten. Das wäre eine enorme Erleichterung, wenn die Mieten wenigsten fest übernommen würden und man den ausstellenden Künstler*innen ein Budget geben kann, das sie für die Ausstellung zur Verfügung haben. Momentan ist es ohne unbezahltes Engagement und unentgeltlicher Eigenleistung von beiden Seiten nicht möglich, Ausstellungen zu realisieren.
Düsseldorf hat so ein großes Potential durch die Kunstakademie und eine hohe Sichtbarkeit weltweit und es ist schade, dass an dieser Stelle das oft nicht gesehen wird oder auch das ehrenamtliche Engagement nicht gewürdigt wird. Aber Off-Spaces schließen eine wichtige Lücke zwischen der Akademie – oder auch anderen Kunsthochschulen – und den Ausstellungshäusern und den Galerien. Und da verschenkt man meiner Meinung nach sehr viel. Mit einer vernünftigen Unterstützung an der Stelle könnte man die Aufmerksamkeit erhöhen und das käme am Ende der Stadt und auch den Bürger*innen zugute.

AURA: Wir erhalten wertvolle Unterstützung von unseren Förderer*innen, doch es mangelt an Planungssicherheit – besonders in den ersten Monaten des Jahres, wenn Fördermittel erst spät fließen. Oft müssen wir finanziell in Vorleistung gehen. Eine mehrjährige Förderung würde hier Abhilfe schaffen, und genau darüber sind wir bereits im Gespräch.

Carolin Israel im AURA Kunstraum. Foto: Carolin Israel

Wie kann man eure Arbeit gerade am besten stärken?

the pool: Vorbeikommen! Und viele interessante Besucher*innen mitbringen.

NEXUS Nails projectroom: Institutionelle Förderung, eine Würdigung des ehrenamtlichen Engagements und die Erhöhung der Sichtbarkeit wären eine gute Unterstützung der Arbeit der Off-Spaces. Mein Traum wäre ja, ausgewählte Arbeiten in einem eigenen Booth auf der Art Düsseldorf zu zeigen – ähnlich wie BÄM es auf der Art Cologne organisiert hat.
Ich fände es auch gut, wenn sich die Off-Spaces, ähnlich wie in Köln am Ebertplatz, zusammenschlössen und man dadurch eine größere Sichtbarkeit in der Politik und den potentiellen Förderer*innen bekommt.

AURA: Kommt vorbei, tauscht euch mit uns aus und werdet Teil unseres Netzwerks!

Während der Art Düsseldorf 2025 sind folgende Ausstellungen zu sehen:

the pool: 2 Linien – Kimoto Daiki, Hiroyuki Masuyama. 15. März – 26. April 2025

NEXUS Nails projectroom: Keita Morita: Contemporary Urban Archaeology. 28. März – 20. April 2025

AURA: Theresa Rothe, Melo Börner, Kavachi und Sevina Tzano. 10. April – 10. Mai 2025

MEHR LESEN