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Fabian Kluth: Kunst als Katalysator für Austausch und Zukunft

Portrait - Fabian Kluth

Was bewegt Menschen dazu, Kunst zu sammeln? Und welche Wege führen sie dorthin?
In unserer Reihe Private View: Gespräche mit Sammler*innen erzählen Kunstsammler*innen von den persönlichen Geschichten hinter ihren Sammlungen: Was hat ihr Kunstinteresse
geweckt? Welche Werke begleiten sie bis heute? Und wie prägen Künstler*innen, Gesellschaft und Leben ihre Sammlung?

In diesem Interview spricht der junge Sammler Fabian Kluth über seine Anfänge, digitale Kunstkommunikation und warum Authentizität wichtiger ist als Trends.

Herr Kluth, Sie haben früh begonnen, sich für Kunst zu interessieren. Erinnern Sie sich an den Moment, an dem alles begann?
Ich habe mich nie sonderlich fürs Kunstmachen interessiert – im Kunstunterricht war ich die reinste Katastrophe. Also blieb nur noch das Kaufen übrig. Aufgewachsen bin ich auf dem Land, ohne jeden künstlerischen Background. Aus Langeweile und Neugier habe ich dann angefangen, zu recherchieren, Dokus zu schauen, Texte zu lesen. Ich bin da total manisch: Wenn mich etwas interessiert, dann tauche ich komplett ein. Später bin ich nach Düsseldorf gefahren, auf Eröffnungen und den Rundgang an der Akademie gegangen – da war das Feuer endgültig entfacht.

Erinnern Sie sich an ihr erstes Werk?
Ja, das war eine Papierarbeit von Rosa Loy. Ich war 15, als ich sie gekauft habe. Zwei Frauen sind darauf zu sehen, die etwas schaffen – was genau, weiß ich bis heute nicht.
Dieser Kauf war die Initialzündung. Seitdem folgten viele Arbeiten, oft von Künstlerinnen – aber das ist Zufall. Mich interessieren Ideen, keine Quoten.

Conny Maier, Pausieren, 2023. Courtesy of the artist and Société, Berlin. Ph: Trevor Good

Sie haben sich nie einer Sammlergruppe angeschlossen – warum?
Ich war nie Teil von Clubs oder Vereinen. Ich habe nie verstanden, warum man dazugehören möchte. Ich glaube aber sehr an Kollaboration: Kunst entsteht im Austausch. Es geht nicht nur um den Akt des Sammelns, sondern darum, dass Kunst Menschen zusammenbringt, die unterschiedliche Ideen haben. Kunst ist, streng genommen, ein Katalysator für Dialog.

Was müsste sich im Kunstbetrieb verändern, um für junge Sammler*innen interessant zu bleiben?
Der traditionelle Kunstbetrieb, wie ihn viele Galerien noch führen, ist für junge Leute unsexy. Wenn wir überhaupt hingehen, dann selten, weil uns überrascht, was dort hängt – wir wissen es meist schon vorher. Mann muss uns also überhaupt erst einen Grund geben, hinzugehen. Mit Champagner und unverständlichen Ausstellungstexten gewinnt man niemanden.
Wir suchen nach Erlebnissen: Musik, Performance, einfache, direkte Gespräche – und Formate, die sich anfühlen wie Events. Der Kunstbetrieb muss sich an die Werte der jungen Generation anpassen. Transparenz, Nachhaltigkeit und digitale Zugänglichkeit sind entscheidend.
Auch die Preisstrukturen im Markt sind häufig zu intransparent. Viel zu oft entstehen Gespräche erst über die Frage nach dem Preis. Einige Galerien gehen inzwischen neue Wege und veröffentlichen ihre Preise – das bietet eine ganz andere Grundlage für einen Dialog.
Es ist nicht mehr zeitgemäß, Kunstwerke tausende Kilometer weit zu transportieren, nur damit sie in Depots verschwinden. Kunst sollte sichtbarer, lebendiger und ehrlicher werden.

“Mit Champagner und unverständlichen Ausstellungstexten gewinnt man niemanden.”

Paul Hutchinson, Nazi Hunter, 2018. Courtesy: der Künstler und Sies + Höke, Düsseldorf

Welche Künstler*innen oder Persönlichkeiten haben Sie nachhaltig geprägt oder inspiriert?
Mich begeistert das gesamte Modell „Künstlerin” – die Selbstdisziplin, die ständige Selbstkonfrontation, das Bewusstsein, eine Marke zu sein. Heute sind Künstlerinnen eigene Brands, mit Merchandise und Instagram-Accounts. Das macht sie nahbarer, zwingt sie aber zugleich, sich stärker zu öffnen. Viele Künstlerinnen haben auch die Vision von one. geprägt – die Idee, permanent mit sich selbst konfrontiert zu sein, sich zu disziplinieren und zugleich als Marke aufzutreten, finde ich sehr erstrebenswert.
Anne Imhof war für mich am Anfang ein wichtiger Zugang: ihre Performances verbinden Kunst und Popkultur auf eine Weise, die sehr unserer Zeit entspricht.
Auch Joseph Beuys inspiriert mich, vor allem sein Verständnis von Kunst als gesellschaftlichem Diskurs. Und Virgil Abloh, der Mode auf eine Metaebene gehoben hat – als Denkraum, nicht bloß als Produkt. So ähnlich sehe ich auch die Kunst: Sie muss kommuniziert werden, um relevant zu sein.

Und welche Künstler*innen Ihrer eigenen Generation verfolgen Sie mit besonderem Interesse?
Mich interessieren eigenwillige Menschen, die sich nicht verunsichern lassen und bei Ihrem Ding bleiben. Ich mag die Arbeiten von Oliver Bak und Pol Taburet sehr. Es gibt viele großartige junge Künstler*innen, die leider oft untergehen, weil es einfach zu viel gibt – zu viel Sichtbares, zu wenig echte Aufmerksamkeit.

Ulrike Theusner, Ritus VI, 2023. Courtesy the artist and Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin

Wie haben Freunde und Familie auf Ihr Sammeln reagiert?
Die waren ehrlich gesagt erst einmal schockiert. Meine Eltern hatten mit Kunst nie etwas zu tun – Museen waren eher die Ausnahme. Und plötzlich kam ich mit Arbeiten nach Hause. die dem klassischen Kunstverständnis völlig widersprachen. Die Werke wurden konzeptueller und größer. In der Schule fiel das anfangs kaum auf, aber als dann der Instagram-Account one. online ging, haben viele gefragt, was das eigentlich ist.

Wie sehen Sie die Zukunft Ihrer Sammlung „one.“ – auch im Hinblick auf öffentliche Präsentationen oder Kooperationen mit Museen?
Ich will, dass one. relevant ist – aber nicht als klassische Sammlung. one. soll vielmehr eine Plattform sein, ein Ort für Austausch. Wir zeigen Kunst bislang vor allem digital, doch in Zukunft wird es auch physische Ausstellungen geben, als Pop-up-Formate an wechselnden Orten, weltweit. Nicht nur in den großen Kulturzentren, sondern auch dort, wo Kunst sonst kaum hinkommt. Ich glaube, Kunst muss mehr Menschen erreichen, auch jenseits etablierter Räume.

„Wenn euch niemand an seinen Tisch lässt, baut euren eigenen.“

Portrait - Fabian Kluth

Photo by: Nataly Dannenberg Photography

Drei Ratschläge an junge Sammler*innen? Museen?
Macht, macht, macht!
Aber: Wenn’s ums Geld geht, lasst es lieber.
Man sollte sich nie zu sehr auf Trends verlassen – die besten Sammlungen entstehen aus Instinkt. Trends vergehen, Authentizität bleibt. Und wenn euch niemand an seinen Tisch lässt, baut euren eigenen. Am Ende sitzen die Interessantesten ohnehin dort.

Fabian Kluth
Founder | Director
Sammlung one.

✉️ one.info@web.de
📷 Instagram: one_artcollection